ARBEITSPROBE: Reimzig Das Spektrum des Lichts reicht bekanntlich von infrarot bis ultraviolett. Eine ähnliche Bandbreite umfassen Reimzig, als wahre Leuchten ihres Fachs reichen ihre Klangfarben von brachial bis schmusig, die Gefühlsregungen von angepisst bis kuschelig, die Reime von klitschko-hart-herausfordernd bis ich-schmeiß-mein-Geld-weg-witzig. Kurz, die hellen Hamburger sind Champions sämtlicher Gewichtsklassen, in ihren Fäusten steckt Musik, sie riskieren eine dicke Lippe und führen eine scharfe Zunge im Mund. Die Hanseaten verstehen sich als Rockband mit zwei Rappern. Somit beweisen sie überzeugend, dass zwischen allen Stühlen noch eine Menge Platz ist. "Eine Schublade ist zu klein für uns, wir passen in alle Schubladen", grinst Frontmann Bünse und trifft den Nagel auf den Hinterkopf. Auf "Rogg´n´Rohl Azubi", dem brandneuen Rundstück der mit allen Wassern gewaschenen Elbstädter, wird folglich gerockt und gerappt, gefunkt und gebluest, gehipt und gehopt, geschmalzt und gebuttert, gebrettert und geschmirgelt, geliebt und gehasst - mitsamt jeder Menge vielfarbiger Zwischentöne, versteht sich. Die Scheibe zeigt klar und deutlich, dass der Fünfer seine Ausbildung mit Bravour absolviert hat, freilich haben auch Riesen klein angefangen. Wie der Beginn einer (hoffentlich steilen) Karriere aussehen kann, zeigt das dazu gehörige Hörspiel über den "Rogg´n´Rohl Azubi", eine Zwerchfell-Attacke, die sich jedermann schleunigst von ihrer Website www.reimzig.de runterladen sollte. Der Rock kam 1997 ins Rollen, als Bünse die Bandmitglieder zusammen trommelte. Damals gaben Reimzig hauptsächlich Cover von Qualitätskapellen wie Dog Eat Dog oder Rage Against The Machine zum Besten, intonierten aber auch schon Selbstgeschriebenes. Seit zweieinhalb Jahren existiert das quietschfidele Quintett nun in der heutigen Besetzung mit Bünse und Patrick an den Mikroständern, Paquito alias Hank an der Gitarre, Schwäng am Bass und Lars hinterm Schlagzeug. 2001 kam ihr erstes Album auf den Markt, ein kunterbuntes Sammelsurium von Stilen, deswegen auch "Such dir was aus" getauft. Schon damals gab´s mit "Flirten so flach wie der Norden" einen Brüller von Hörspiel auf besagter Website, das an dieser Stelle ebenfalls empfohlen sei. 150 Konzerte spielten Reimzig im Anschluss an das Gesellenstück, dann wurde es höchste Eisenbahn, sich auf die Meisterprüfung vorzubereiten. "Die neue Scheibe sollte richtig fett werden. Wir fuhren zwei Wochen nach Dänemark, um an den Songs zu arbeiten und verbrachten etliche Monate mit Aufnehmen und Mischen", berichtet Bünse bündig. Als Produzent heuerten sie ihren langjährigen Kumpel Edu Garcia an, der bereits bei "Such dir was aus" an den Reglern hockte. "Für uns ist Musik das Ventil für alle Lebenssituationen, von überschwenglichem Liebestaumel bis zum Zweifel am Leben", meint Bünse. Die Texte entstehen in Koproduktion der beiden Mikromanen, an den Kompositionen ist die gesamte Band beteiligt. "Einer von uns kommt mit ´ner Song-Idee, die dann im Proberaum ausgebaut wird. Wenn wir die geil finden, landet das Ding auf dem Album", berichtet Klampfen-Champ Paquito alias Hank, getreu ihrem Motto: Ab geht er, Hans-Peter! Heraus kam ein regenbogenfarbenes Meisterstück, Musik für Bauch und Hirn, jenseits aller stilistischer Beschränkungen. Angesichts der Güte dieser Leistung und der verblüffenden Aufwärtsentwicklung der Band kann man dem orientierungslosen Nachwuchs - in den Worten von Reimzig - nur eines raten: "Bleib kein Bubi, werd Rogg´n´Rohl Azubi!" Im Folgenden kommentieren Mundstück Bünse und Griffbrettler Paquito alias Hank die frisch gebackenen Song-Brezeln von "Rogg´n´Rohl Azubi": WILLKOMMEN COWBOYS ICH WILL WEIT HINTEN DER MOMENT SCHAUMAMA SORGENFREI TSCHÖSS ALLES GETAN ANDERS Vö.: 15.09.03 |
Henning Richter |