ARBEITSPROBE: Killing Joke - Visionen des Wahnsinns „Was wir zur Zeit erleben, ist ein Desaster biblischen Ausmaßes“, meint Jaz Coleman, Sänger, Vordenker und Schamane von Killing Joke. „Mit unserer Musik will ich den Wahnsinn der Welt einfangen und gleichzeitig klarmachen, dass wir dringend handeln müssen.“ Die Rede ist von „Hosannas From The Basement Of Hell“, dem dreizehnten Studioalbum der englischen Veteranen, die zahllose Bands in aller Welt beeinflusst haben. Dicht, brütend und majestätisch klingen die neuen Songs, wahnsinnig und machtvoll zugleich. „Die Bibel ist voller Fehlübersetzungen und Fehlinterpretationen. Es ist schlimm, dass jemand wie George W. Bush daran glaubt! Er bringt uns dem Armageddon, dem Ende der Welt, ein entscheidendes Stück näher.“ Um den Song „Invocation“ aufzunehmen, reiste Coleman nach Usbekistan und Beirut. „Ich wollte wissen wie diese Krisenherde meine Kreativität beeinflussen“, begründet er den Schritt. Der angesprochene Titel, mit vollem Orchester eingespielt, ist von derart bedrückender Intensität, als wohne ihm eine Ahnung der drohenden Gefahren inne. Die übrigen dieser lodernden musikalischen Fanale von „Hosannas From The Basement Of Hell“ entstanden jedoch in der tschechischen Hauptstadt. „Prag ist eine mystische Stadt, ein Mekka für Komponisten“, so Jaz. „Jedes Bandmitglied zog nach Prag, so konnten wir zu jeder Tages- und Nachtzeit spielen. Am Ende nahmen wir die Songs in einem Weinkeller mit einfachstem Equipement auf.“ Bereits im Alter von sechs spielte Coleman Violine und absolvierte später eine Ausbildung zum Dirigenten. Neben seiner Arbeit für Killing Joke schrieb er zahllose Sinfonien und Opern, ferner komponierte er die neue Nationalhymne Neuseelands in der Sprache der Maori. „Wenn ich Songs schreiben will, vergesse ich alles, was ich über Musik weiß. Ich sorge für Farbe in meinem Leben, dann schreiben sich die Lieder wie von selbst“, skizziert er den kreativen Prozess. Am Ende unseres Gesprächs erteilt er allen noch einen guten Rat: „Kämpft am Tag, nutzt die Nacht für Zärtlichkeit und vergesst nicht, dass ihr sterblich seid.“ |
Henning Richter |