ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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Dresden Dolls - Willkommen im Punk-Cabaret!

Perry Farrell, der Charakter-Kopf von Jane´s Addiction, hat einmal festgestellt: "90 Prozent aller Dinge, die produziert werden, sind Shit." Dem können alle, die sich für Musik interessieren, nur beipflichten. Umso mehr freut man sich, einen Act zu finden, der zu den raren zehn Prozent zählt. The Dresden Dolls sind so eine Band, sie haben alles, was man braucht, um eine Karriere zu starten: Einen frischen musikalischen Stil, b) ein interessantes Image c) Texte mit Tiefgang. Die Lieder des ambitionierten Duos ähneln einem Mix aus Kurt Weill, Nico, Patti Smith und Tom Waits. Sängerin/Pianistin/Aktionskünstlerin Amanda Palmer hatte schon immer einen Faible für die Bühne. "In der Schule hab ich Theaterstücke geschrieben und Regie geführt. Mein Ziel war es stets, Musiktheater zu machen." Die andere Hälfte des Zweiers ist Schlagzeuger Brian Viglione, der mit seinen akzentuierten Rhythmen Amandas Gesang und Klavierspiel perfekt strukturiert. "Als ich Amanda das erste Mal auf einer Party spielen sah, wusste ich sofort, dass ich das beisteuern kann, was ihr fehlte", sagt der studierte Musiker selbstbewusst. Live treten beide mit weißen Masken auf, er trägt einen Bowler, sie ein zu kurzes Kleid, das den Blick auf Strumpfbandhalter und rotweiß gestreifte Strümpfe frei gibt.

"Mein Stiefvater schenkte mir ein Platte von Dagmar Krause, die den gesamten Katalog von Kurt Weill-Liedern sang. Mit 15 spielte ich im "Guten Menschen von Sezuan" von Bert Brecht, der mit Weill lange zusammen arbeitete", berichtet die hellwache Person aus Boston. "Ich wollte jedoch keine Weill-Lieder schreiben, sondern ich schrieb Songs, die gut klangen." Treffend beschreiben die beiden Dresden Dolls ihren Stil als "Punk-Cabaret". Die Texte von Amandas Liedern behandeln moderne Themen (nicht selten auf mehreren Ebenen), obwohl sie in einer alten Sprache gehalten sind. "Man kann Dinge, die man in einem Gespräch nie sagen würde, in einem Text mitteilen. Es muss sich nur reimen", lacht Amanda, "das ist die Freiheit des Künstlers." Obwohl sie als Kind alles tat, um Aufmerksamkeit zu erregen - und selbstverständlich Clown ihrer Klasse war - verbrachte Palmer auch viel Zeit allein. "Ich spielte Klavier und las eine Menge. Mit neun entschied ich, dass ich Rockstar werden wollte." Bei soviel Entschlossenheit und Einfaltsreichtum gibt´s allerbeste Chancen, das sie ihr Ziel erreichen wird.

Henning Richter

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