ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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Dimmu Borgir - Freie Radikale

Black Metal hat seine wachsende Popularität großteils Dimmu Borgir zu verdanken. Spätestens seit ihrem orchestralen Meisterwerk „Death Cult Armagaddon“ (2003) hat auch das breite Rockpublikum den extremen Metal entdeckt.

Mit „In Sorte Diaboli“ präsentieren Dimmu Borgir jetzt ein Konzeptalbum, das im Mittelalter spielt. Ein zweifelnder Christ wird für seine kritischen Gedanken gestraft, erklärt Gitarrist Silenoz die Story kurz und bündig. Musikalisch präsentieren die Mannen aus Oslo wiederum radikale Klänge für die breite Masse. Klar, dass die Puristen da giften und geifern, doch ihr Gezeter lässt Silenoz völlig kalt: „Wir ziehen einfach unser Ding durch. Viele Kids hätten den Black Metal nie entdeckt, wenn es uns nicht gegeben hätte.“ Nicht erst seit „In Sorte Diaboli“ stünden Dimmu Borgir jenseits aller Kategorisierungen. „Wir waren immer so viel mehr als Black Metal. Wir haben uns stets als Außenseiter gefühlt, die ihren eigenen Sound kreieren. Inzwischen bin ich dreißig Jahre alt, da kann ich mir um keifende Puristen keinen Kopf mehr machen.“

„Extremer Metal“ sei ihr Fach, betont Silenoz, dabei hätten Keyboards seit 1993 eine große Rolle gespielt. „Die neue Platte ist weniger sinfonisch als „Death Cult Armageddon“, doch Tasten spielten schon immer eine große Rolle für uns, da wir stets gute Keyboarder hatten, die uns eine Menge neuer Möglichkeiten eröffneten. Schon möglich, dass wir es gelegentlich übertrieben haben, aber generell glaube ich, dass wir meistens das richtige Gleichgewicht fanden.“ Für „In Sorte Diaboli“ legten die Skandos das Schwergewicht auf Gitarren, „dieses Mal haben wir kein Orchester benutzt, die sinfonischen Teile wurden von Tasten erzeugt“, berichtet Silenoz. Zudem setzt der Gitarrist hinzu, dass sich seine Einflüsse in den letzten fünf, sechs Jahren drastisch geändert haben. „Von Country über Elektronik bis zum brutalen Grindcore höre ich alles mögliche. Nur Hip Hop und den neuen R´n´B kann ich nicht ausstehen. Allerdings glaube ich kaum, dass diese Einflüsse auf dieser Scheibe zu hören sind, aber sie haben mich definitiv für neue Sichtweisen geöffnet.“

Inhaltlich befassen sich Dimmu Borgir einmal mehr mit der christlichen Religion. „In Europa scheint das Christentum auf dem Rückzug zu sein, das ist gut so. Wir sagen niemandem, was er glauben soll, aber unserer Meinung nach ist Religion eine schlechte Sache. Ursprünglich sollte sie Leuten helfen, doch wie man am Nahen Osten sieht, ist Religion momentan der wichtigste Grund für kriegerische Konflikte. Leute werden verblendet, sie enden als Sklaven, das versuchen wir mit unserem Album aufzuzeigen.“ In den USA, einem wachsenden Markt für die Norweger, sieht die Sache anders aus. 83 Prozent der Amerikaner glauben an Gott, fünfzig Prozent von ihnen glauben, dass Gott den Menschen vor zehntausend Jahren so gemacht hat wie er ist. Da wundert es nicht, dass das Cover von „In Sorte Diaboli“ zensiert wurde. „Die Zeichnung zeigt einen Gargoyle, ein altes esoterisches Symbol, das für Balance steht. Moslems und Christen fehlt das Gleichgewicht, wie man sieht. Für sie existieren nur schwarz und weiß, aber es gibt auch Grauzonen. Wir haben nichts gegen Spiritualität“, betont Silenoz, „doch organisierte Religion ist schlecht, denn sie hat keinen Respekt vor Andersdenkenden.“

Henning Richter

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