ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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Die Happy

Ohne gute Songs geht bekanntlich gar nix, aber sie müssen auch großartig vorgetragen werden. In beiden Disziplinen liegen Die Happy ganz weit vorne, schließlich gibt es vom Format einer Marta Jandovö¡ nur eine Handvoll Sängerinnen in Europa. Ihre frappierend wandlungsfähige Stimme enthält neben einer einmaligen Kraft tonnenweise Emotionen, die von jubelnder Begeisterung bis zu rührender Melancholie reichen. Parallel zur Musik ist der geborenen Tschechin und ihren Musikern vor allem eines wichtig, der Kontakt zum Fan. Die Website von Die Happy verzeichnet beispielsweise überdurchschnittlich viele Hits, jeder Entwicklungsschritt der Band wird dokumentiert und im Netz präsentiert, regelmäßig montags chatten die Mitglieder mit ihren AnhÄngern. Für ihre Seite www.diehappy.de wurde dem Quartett denn auch im Zuge der Net Night 2002 der begehrte deutsche Internet Award "Neo" verliehen.

Der Titel ihres dritten Albums "The Weight Of The Circumstances" ist gleichzeitig auch ein guter Rat. "Wir wollen den Leuten sagen: Macht euch keine Sorgen, es ist alles in Ordnung", erklärt Gitarrist Thorsten Mewes. "Er soll die Leute auffordern, inne zu halten und einen Schritt zurück zu treten. Dann sehen sie, dass es uns allen verdammt gut geht", fügt Trommler Jürgen Stiehle hinzu. "Wenn du zurück blickst auf die Probleme, die du vor einem Jahr hattest, dann fragst du dich: Warum hab ich mich so gestresst? So ist es oft, du lachst über die Schwierigkeiten von früher," pflichtet Power-Röhre Marta bei.

Wie der nagelneue Dreher beweist, haben Die Happy einen Riesenschritt nach vorne gemacht. "Wir sind internationaler geworden", weiß Thorsten. Das begann schon mit der Komposition der Songs. Erstmals reisten die Ulmer nach Schweden, um dort mit spezialisierten Songwritern zu kooperieren. "Da geht es sehr professionell zu, die arbeiten von neun bis siebzehn Uhr und schreiben Songs", berichtet Mewes. "Unter anderen haben wir mit Anders Eliasson, dem Gitarristen von Lambretta, komponiert. Eine gute Erfahrung, die wir wiederholen werden." Sieben Lieder entstanden so im hohen Norden.

Insgesamt hatten Die Happy dreißig Song-Ideen im Rucksack, als sie darauf nach Los Angeles aufbrachen. Hier genossen sie nicht nur die herrlich warme Sonne des kalifornischen Januars, sondern spielten mit dem Produzenten-Trio The Matrix zahlreiche Titel ein. "In den USA bekommen die Produzenten einen besseren Sound hin", lobt Mewes, "The Matrix hatten zuvor übrigens Avril Lavigne produziert." Nach Beendigung der Aufnahmen fand Jürgen auch noch die Zeit, seine Surfkünste zu verbessern und Thorsten lernte das Golfen. Mitte Februar nahmen die Musiker schweren Herzens Abschied vom warmen LA und kehrten ins kühle Europa zurück. Die restlichen Songs spielten sie mit Stammproduzent Ralph Quick im dänischen Vejen ein. "Bei ihm wussten wir, was wir haben. Er steht auf Gitarren und kann diesen harten Sound erzeugen", begründet Bassist Ralph Rieker den Schritt.

Im Mittelpunkt der variantenreichen Songs steht natürlich die glanzvolle Stimme Marta Jandovö¡s. Mal attackiert sie wie ein wütender Hurrikan, um im nächsten Song die Wärme eines Sommertags zu verbreiten, die Stimme umgibt einen wie das Wetter, man kann sich ihr nicht entziehen. Martas Texte entstehen prinzipiell erst am Schluss der jeweiligen Aufnahme, sie braucht die Musik als Inspiration. "Inhaltlich geht es um Beziehungen, Sex und Zärtlichkeit, aber auch um Rache. Ich rechne mit vielen Leuten ab", sagt La Jandovö¡ kämpferisch, "zum Beispiel mit all denen, die aus mir etwas anderes machen wollen als ich bin."

Am Ende stehen Spitzen-Songs wie das schwungvoll, melodische "Big Boy", das den Psycho-Terror einer einengenden Beziehung behandelt. Oder das harte "Take Me On A Ride", in dem es um den Wunsch geht, vor Problemen zu fliehen. Oder aber das verträumte "Slow Day", ein melancholisches Liebeslied. Insgesamt klingt das dritte Album ausgereifter und selbstbewusster als seine beiden Vorgänger. Es deckt das erstaunlich weite Emotionsspektrum ab, das Martas Stimme ausdrücken kann. "In einem Augenblick bin ich das glücklichste Mädchen, im nächsten Augenblick weine ich. Ich bin impulsiv in alle Richtungen", sagt sie über ihr Gefühlsleben.

1994 traf Marta auf Thorsten und beide beschlossen eine Band zu gründen. Ein geflügeltes Wort unter Surfern gab ihnen den Namen, wenn Wellenreiter sich Hals- und Beinbruch wünschen, sagen sie "die happy". Mit zwei abgewanderten Mitstreitern nahmen sie das Indie-Debüt "Dirty Flowers" aus, das inzwischen zu einem begehrten Sammler-Objekt geworden ist. 1999 stießen Jürgen und Ralph als neue Groove-Beauftragte hinzu. Es spricht für sie, dass die Band auch ohne neue Platte auf dem Markt fleißig tourte. Als 2001 "Supersonic Speed" erschien, hatte die aktive Kapelle bereits so viele Fans, dass ihr Major-Erstling Platz 43 der Charts eroberte. Um das Album zu unterstÜtzen, begab sich die Kapelle auf die "ewige Tour". Kein Jugendzentrum, kein noch so kleiner Rockclub wurde ausgelassen, mit jedem Auftritt gewannen sie neue Anhänger hinzu. "Insgesamt haben wir 200 Gigs für die Scheibe gespielt", bilanziert Thorsten stolz

Im meilenfressenden Tourbus wurde damals bereits eifrig an neuen Songs gewerkelt. Schon 2002 erschien Nachfolger "Beautiful Morning", der auf Anhieb Platz 15 der Charts erklomm. Selbstbewusst tourte die Band dieses Mal durch größere Hallen. Die Rechnung ging auf, ihr Ruf als exzellente Live-Band sorgte für rappelvolle Venues, auf ihrer Homepage beschwerten sich enttÄuschte Fans sogar, sie wären extra zum Konzert angereist, nur um das deprimierende Schild "Ausverkauft" zu sehen. Aufgrund ihrer explosiven Live-Power stehen besonders die Festivalmacher auf Die Happy. Die (Wahl-)Schwaben spielten Rock am Ring und im Park, dreimal das Southside, zweimal Highfield, zweimal With Full Force, zweimal Taubertal, zweimal Rock am See sowie das Hurricane und 2002 ein Konzert mit Pink. Mit Sicherheit werden Die Happy mit dem neuen Material von "The Weight Of The Circumstances" im Repertoire auch zu den Höhepunkten der Konzertsaison 2003/2004 zählen. Wir sehen uns vor der Bühne!

Chronologie der Ereignisse:

3. Juni 1971 Basser Ralph Rieker wird in Ludwigsburg geboren

4. Oktober 1972 Gitarrist Thorsten Mewes erblickt in Neu-Ulm das Licht des Planeten Erde

13. April 1974 Goldkehlchen Marta Jandovö¡ kommt in der "goldenen Stadt" Prag zur Welt

9. August 1975 Trommler Jürgen Stiehle geht in Ehingen / Donau an den Start des Lebens

1993 Marta zieht von Prag nach Ulm

1994 Marta und Thorsten gründen Die Happy. Mit zwei weiteren Mitgliedern spielen sie ihr Indie-Debüt "Dirty Flowers" ein

1998 Die Happy gewinnen den ersten Preis bei "Baden-Württemberg rockt"

1999 Ralph und Jürgen steigen ein. Es folgen Tourneen mit Subway To Sally, Monster Magnet und Queens Of The Stone Age

2000 "Supersonic Speed" wird verÖffentlicht und klettert auf Platz 43 der Charts

2001 ist eine einzige Tour

2002 "Beautiful Morning" geht auf Platz 15 in die Charts. Die Band spielt in Portugal, Italien, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Holland und Tschechien. Die Band wird für den "Echo" nominiert und trat mit Pink auf.

2003 Album Nummer drei "The Weight Of The Circumstances" erscheint

www.diehappy.de

Henning Richter

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