ARBEITSPROBE: The Datsuns - Unzähmbares Biest Die Datsuns halten Kurs. Weder von der englischen Musikpresse noch der eigenen Plattenfirma ließen sich die Actionrocker aus Neuseeland kleinkriegen. Der mündige Fan betrachtet die Musikmedien mit Skepsis. Kritiken sind nun mal grob subjektive Einschätzungen, da empfiehlt es sich, stets die eigenen Augen und Ohren zu bemühen. Besondere Skepsis ist jedoch bei der britischen Musikpresse angebracht, die ihre Meinung in kürzester Zeit genauso ändern kann wie der Wind seine Richtung wechselt. Das mussten beispielsweise The Datsuns erfahren. „Als unsere zweite Scheibe„ Outta Sight/Outta Mind“ herauskam, änderte sich plötzlich die Mode in England“, wundert sich Christian Datsun, Gitarrist und Komponist der Kiwis. „Eben waren wir noch die coolste Combo unter der Sonne, plötzlich waren wir die mieseste Truppe aller Zeiten. Ein Magazin schrieb sogar, wir wären der Grund für den Tod des Garagenrock. Alles kompletter Blödsinn!“ Leider schlugen sich die Verrisse auch auf die Verkaufszahlen von „Outta Sight/Outta Mind“ nieder, was ein Riesenjammer ist. Schließlich wurde die Scheibe von niemand geringerem als John Paul Jones, früher Basser/Keyboarder von Led Zeppelin, produziert. Heraus kam ein wunderbar reifes Stück Musik, findet zumindest dieser Kritiker, aber (siehe oben) hört euch das Teil selber an. Dazu verunsicherte die negative Briten-Presse auch noch die Plattenfirma der Datsuns, die nun stilistische Änderungen verlangte. „Das führte zu Konflikten, welche die Aufnahmen zum aktuellen Dreher verzögerten“, berichtet Christian, der wie die gesamte Kapelle in London lebt. „Deshalb ging ich viel in den Pub, trank eine Menge Bier und genoss es, am nächsten Tag, im selben Land auf zu wachen. Wenn du in Europa tourst, ist das selten der Fall. Außerdem konnte ich mich um das Wäschewaschen kümmern, ein echter Luxus, täglich frische Klamotten anziehen zu können.“ Daneben widmete der Gitarrenhalswürger sich dem Rock und Soul der Swinging Sixties. „Zuhause in Neuseeland bekamen wir derartige Platten nicht. Ich habe mich immer für den klassischen Rock interessiert, aber jetzt steige ich noch tiefer in die Materie ein, weil der aktuelle Hype der Engländer – von Franz Ferdinand bis Kasabian und We Are Scientists –mich nicht die Bohne interessiert! Leute wie Pete Doherty sind ein schlechter Scherz. Es hat die Briten geärgert, dass die meisten Garagenrockbands aus Schweden kamen, und die Datsuns kommen auch nicht aus England. Daraufhin wurden sie zu Patrioten – das war ein weiterer Grund für unseren Abstieg.“ Nach Hype und Rückschlag beginnt das Quartett jetzt wieder bei Null – auch nicht schlecht, findet Christian. „Smoke & Mirrors“ heißt ihr drittes Album, das den beiden Vorgängern in nichts nachsteht. Knallige Rhythmen, volltönende Gitarren und mit Dolf D. Datsun einen Charismatiker am Mikro – heraus kam eine Großtat des Action-Rock. Die Riffs der zehn Songs stammen aus dem Hirn meines Gegenübers. „Einen guten Riff kannst du augenblicklich mitpfeifen, er regt dich an, Luftgitarre zu spielen. Besonders schwer ist es, den Song einfach zu halten“, teilt der Rocker seine Erfahrungen. Das höchste Ziel einer Datsuns-Nummer sei es, das Publikum zum Mitsingen zu bewegen. „Dabei stellt das japanische Publikum eine echte Besonderheit dar, überall in der Welt singen sie die Texte mit, doch in Japan singen sie die Gitarrenmelodien. Als das zum ersten Mal passierte, guckte ich Basser Phil Datsun an, wir beide dachten, wir würden abheben. So starke Adrenalin- und Endorphin-Dröhnungen hatten wir bis dato nicht gehabt.“ Nachdem Christian in seinem gar nicht so stillen Kämmerlein, eine Menge Riffs gefunden hat, präsentiert er sie Dolf D., dem schlaksigen Frontmann. „Wenn er von meinen Ideen nicht inspiriert ist, fallen ihm keine Texte ein. Dann bleiben meine Lieder Instrumentals, die ich für meine Solo-Platte aufhebe“, lacht er. „Früher schrieb Dolf D. meist über Liebesbeziehungen. Dieses Mal geht es oft über den Stress mit dem Musikgeschäft, das uns zu einer langen Pause gezwungen hat. Ursprünglich wollten wir nur sechs Monate Urlaub machen, aber der Streit mit der Plattenfirma zog sich über ein ganzes Jahr hin. Titel wie „Stuck Here For Days“ und „Who Are You Stamping Your Foot For“ wurzeln in seinem Ärger über dieses Biest, das man nicht zähmen kann.“ Es sei der größte Frust für eine Band, Musik machen zu wollen, aber nicht zu können, nur weil die hohen Herren in den Chefetagen irgendwie meinen, ein Stilwechsel sei angesagt. „Jeden Tag denkst du, ich verschwende meine Zeit. Der Albumtitel „Smoke & Mirrors“ ist ein englisches Wort, das für Täuschung und Betrug steht. Wir hatten das Gefühl, dass einige Leute hinter unserem Rücken etwas anderes sagten als sie uns direkt mitteilten.“ Oft würden Dinge versprochen, die am Ende nicht gehalten werden. „Im Musikgeschäft ist es so, wenn keiner mit dir redet, weißt du, dass die Dinge schlecht laufen. Wenn lange Zeit keiner anruft, ist das ein negatives Zeichen.“ Am Ende haben die Datsuns nicht nachgegeben und stur ihren Kurs verfolgt. „Als Musiker kannst du dich nicht danach richten, was andere Leute meinen. Zumal diese Plattenfirmenleute heute schneller gefeuert werden als du bis drei zählen kannst...“, lacht der Klampfen-Maestro. „Uns gibt es schon seit elf Jahren, da musst du manchmal einfach stur sein. Gelegentlich provoziert Sturheit eine Menge Ärger, aber auf lange Sicht, zahlt es sich aus, Kurs zu halten.“ |
Henning Richter |