ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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Covenant

Nie klangen elektronische Hymnen verführerischer und kühler als auf "Northern Light", dem neuen Meisterwerk von COVENANT. Die Schweden servieren "Pop on the rocks" mit einem unwiderstehlichen Charme, der auf einer Mischung aus Futurismus und Tradition basiert, also scheinbar widersprüchlichen Elementen. Der wichtigste Einfluss des Trios stammt aus der Vergangenheit und trägt den Namen Kraftwerk. Die minimalistische Linie der Elektro-Pop-Pioniere nehmen COVENANT auf und fügen volltönende Harmonien und energische Beats hinzu. "Wir versuchen das Gefühl zu vermitteln, unsere Songs kämen aus der Zukunft", schmunzelt Joakim Montelius, Programmierer, Texter und Sprecher seiner Band. "Es geht uns um Tanzmusik, die du auch Zuhause im Wohnzimmer hören kannst."

Zum ersten Mal in seiner 13 jährigen Geschichte wollte das Trio "Leute erreichen, die nicht mit diesen Klängen aufgewachsen sind", verrät Montelius. "Musik ist - genau wie Schreiben und Filmemachen - eine Form der Kommunikation. Am Ende hast du einen Trieb, mit Leuten zu kommunizieren, also warum nicht gleich mit allen? Man sollte so universell wie möglich sein. Wenn es gut für mich ist, dann ist es auch gut für die Welt."

Barcelona, Berlin und Helsingborg sind die Städte, die sich die COVENANT-Mitglieder zum Leben gewählt haben. Sänger und Komponist Eskil Simonsson genießt die kulturelle Vielfalt der deutschen Hauptstadt, die Clubszene und die erschwinglichen Drinks. "Wenn du in Schweden trinken willst, musst du deine Großmutter verkaufen", scherzt Montelius und übertreibt dabei nur wenig. Simonsson ist bekennender Musikfanatiker, sein Plattenspieler läuft permanent, in Berlin sucht er vor allem die Nähe zur elektronischen und neuen Musik. Er spricht fließend deutsch, genießt anderseits aber auch die Möglichkeit, stets ins nahe Schweden reisen zu können.

Joakim Montelius zog im Frühjahr 2002 nach Barcelona, "um der Enge meiner Heimatstadt Helsingborg zu entfliehen. Da unten in Spanien gibt es eine unglaubliche Menge an künstlerischer Energie, sie umgibt dich total. Auch ich mag Berlin, aber ich glaube, es ist sinnvoller für die Band, wenn wir an verschiedenen Orten leben."

Tastenmann Clas Nachmanson hält die Verbindung zu Schweden, er wohnt nach wie vor in Helsingborg und arbeitet als Computer-Consultant für große schwedische Konzerne. "Clas ist der Vermittler zwischen Eskil und mir", beschreibt Montelius dessen Funktion, "er hat einen normalen Job, lebt in einer normalen Welt und sorgt dafür, dass wir den Kontakt zur Realität nicht verlieren. Clas hat uns oft davor bewahrt, dumme Dinge zu tun."

Nachmansons Funktion ist umso wichtiger, wenn man weiß, dass Simonsson Atomphysiker ist, während Montelius Archäologie und Geschichte studierte. Bei COVENANT prallt also ein Naturwissenschaftler auf einen Humanisten, was zu ausgedehnten und hitzigen Diskussionen führt. Viele der hier geäußerten Gedanken fließen in die Texte ein, die, so Montelius, zwei Schwerpunkte haben: "Den Widerspruch zwischen Zukunft und Vergangenheit. Ich finde meinen Platz in der Welt, indem ich zurück schaue und sehe, was ich hatte", erklärt er. "Ein anderes wichtiges Thema ist die Einsamkeit. Am Ende gibt es nur dich selbst und was du mit deiner Existenz anfangen willst."

Bereits Mitte der Achtziger fanden sich die Drei zusammen. Anfangs teilten die Schulfreunde das Interesse an elektronischen Instrumenten und die Freude am puren Krach. Später zogen sie gemeinsam in die Universitätsstadt Lund, installierten in Clas´ Schlafzimmer ein kleines Heimstudio und gaben sich den Namen COVENANT (zu deutsch: vertragliches Abkommen). 1994 debütierten sie mit dem Album "Dreams Of A Cryotank", zwei Jahre darauf folgte "Sequencer", wieder zwei Jahre später entstand "Europa", das den "Leiermann" enthielt, die vielbeachtete Vertonung eines Gedichts des deutschen Romantikers Wilhelm Müller. Mit "United States Of Mind" (2000) fanden die stilbewussten Anzugträger dann mehr und mehr Beachtung außerhalb der angestammten Industrial- und Elektro-Szene, es war ihr Ticket in die Welt der Popmusik.

Das aktuelle "Northern Light" wurde von Jacob Hellner (u.a. Clawfinger, Rammstein) produziert, der den Stil der Band auf subtile Art öffnete und erweiterte. So entstanden Lieder wie etwa der majestätische Opener "Monochrome" mit seinem hypnotischen Beat, das anziehend hymnische "Bullet", getragen von einem machtvollen Chorus sowie das sinnierende "Invisibe & Silent" mit seiner allumfassenden Melancholie - drei Beispiele von insgesamt elf musikalischen Einladungen zum Abheben in den Kosmos von COVENANT, brodelnd, nachdenklich und kühl zugleich.

"Die neue Platte ist stark von Berlin beeinflusst", urteilt Gruppensprecher Montelius, "sie ist introspektiv, reflektierend und, wenn ich das sagen darf, gereift." Die "Schallabenteurer" sind zu "Klang-Lenkern" geworden, deren erklärtes Ziel es ist, Pop für den denkenden Menschen zu machen. Ein anspruchsvolles Ziel, das nur nach harter Arbeit zu erreichen ist, "Northern Light" erreicht dieses Ziel spielend, es bedarf nur des Zuhörens, um das zu erkennen.

Fragen nach der Entstehung des Albumtitels will sich der eloquente Montelius ersparen, also erzählt er die Geschichte der Platten-Taufe an dieser Stelle. "Wir fanden, der Titel beschreibt das Gefühl der Platte. "Northern Light" ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Naturschauspiel der Northern Lights. Das Album machten wir im Winter in Stockholm in einer dunklen, kalten, verschneiten Zeit in einer ernsten, deprimierenden, schwarzen Atmosphäre. Aber bei uns im Keller, wo wir an den Liedern arbeiteten, schien ein Licht der Hoffnung, ein "Northern Light"."

Henning Richter

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