ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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Auf der Sonnenseite - Die Beatsteaks trotzen dem Zeitgeist und blicken positiv in die Zukunft.

Geht´s um die Beatsteaks, begraben selbst alte Rivalen ihre Gegnerschaft. Tote Hosen und Ärzte etwa mögen sich normalerweise nicht grün sein, in einem Punkt sind sie sich einig: Beide stehen auf die Rock´n´Roll-Aufsteiger aus Berlin. Der Fünfer hat bereits zahllose Konzerte im Vorprogramm beider Platin-Kapellen absolviert. Inzwischen ist das sympathische Post-Punk-Quintett dabei, selbst zum Publikumsmagneten zu avancieren. Im Herbst 2002 spielte es das fast schon legendäre "Wohnzimmer-Konzert" in der Berliner Columbiahalle, zu dem knapp viertausend Fans strömten. "Im Vorfeld war das eine spannende Zeit. Wir fragten uns immer wieder, schaffen wir es, diese Halle auszuverkaufen?", entsinnt sich Frontmann Armin Teutoburg-Weiß. Sie schafften es, die Hütte war picke-packe voll. Die Woge dieses Erfolgserlebnisses trug sie bis zu den Sessions des neuen Albums "Smack Smash", auf das die Hauptstädter zu recht stolz sind. "Die Platte hat eine direkte Energie", findet Sunny Boy Arnim, "der Titel stammt aus der Comic-Sprache und hat etwas Heiteres. Ich übersetze ihn mit "links, rechts"," grinst er und vollführt eine Handbewegung, als wolle er den Gesprächspartner mit zwei kurzen Ohrfeigen aufwecken. Ihre vierte Scheibe sei die positivste Platte, die sie je gemacht hätten, setzt er hinzu. "Sie ist lebensbejahend. Früher hatten wir auch schon mal depressive Songs geschrieben, das haben wir diesmal vermieden." Während viele Leute heutzutage glauben, sie lebten in einer permanenten Krisensituation, singen die Beatsteaks über die Sonnenseite des Lebens. "Alle Mitglieder sind zufriedener als je zuvor, denn wir sind als Band zusammen gewachsen. Zudem sind zwei von uns richtig dolle verliebt, die übrigen drei leben in glücklichen Beziehungen", berichtet er mit versonnenem Lächeln.

Die fünf Freunde haben schon eine lange Wegstrecke hinter sich. Alles begann im Proberaum Schönhauser Allee 48/49, eine Zahlenkombination, die ihrem ersten Album seinen Titel gab. "Unsere Wurzeln reichen zurück ins Jahr 1986", berichtet Gitarrist Bernd Kurtzke. "Neun Jahre lang waren wir ´ne reine Hobbynummer. Wir haben höchstens mal für Freunde gespielt, grottenschlecht! Die anderen sind nach und nach hinzu gekommen." Der Einstieg von Shouter Arnim 1995 brachte die Wende. "Für mich war ganz klar, wenn wir proben, dann will ich auch spielen", bekräftigt dieser. "Ich stamme aus einer Künstlerfamilie, die Eltern sind Artisten, meine Schwester ist Tänzerin. Ich hab gesagt, Jungs, lasst uns Songs machen und dann ab auf die Bühne!"

Auch Gitarrist Peter Baumann stammt aus einem künstlerischen Elternhaus, sein Vater ist Schauspieler. "Immer, wenn wir uns treffen, erkundigt er sich, ob wir proben. Das ist für ihn das Wichtigste", berichtet der Saitenmann. Die übrigen Beatsteaks, Basser Torsten Scholz, Trommler Tom Götz und der zweite Saiten-Trumpf Bernd Kurzke, haben einen bürgerlichen Background. "Da bilden sich öfter zwei Fraktionen, während Arnim und ich immer dafür sind Gas zu geben und Risiko einzugehen, sind die anderen vorsichtiger. Das ist eine gesunde Mischung", findet Baumann.

Das Album Nummer zwei, "Launched" (1999), führte zu ersten Kontakten in die USA. Am Ende fuhren die Beatsteaks die amerikanische Vans Warped Tour mit. "In Amerika zu spielen, war ein Traum für uns", entsinnt sich Arnim. Da standen die Berliner neben Größen wie Mighty Mighty Bosstones, NO FX, Pennywise und Suicide Machines auf den Brettern. Ihr dritter Wurf "Living Targets" (2001) sorgte dafür, dass die Hauptstädter Headliner-Status erhielten, nun waren sie in der Lage, ohne Hilfe zugkräftiger Freunde ihr Publikum zu finden. Der Fünfer von der Spree nimmt seine Musik sehr ernst, das zeigt auch die Tatsache, dass er sich für die zwölf neuen Lieder von "Smack Smash" neun Monate Zeit nahm. "Andere sind vielleicht schneller, aber wir sind nicht die Band, die im Tourbus schreibt", zuckt Peter Baumann die Schultern. "Jeder schreibt für sich allein, da lassen wir uns von keinem rein reden. Und der einzelne spielt den anderen erst dann eine Songidee vor, wenn er meint: "Das ist ´ne Bombe!"

Henning Richter

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